„ ... Karin Kieltsch wendet sich in detaillierter Kenntnis all dessen, was seit etwa 175 Jahren an Naturablichtungen publiziert wurde, dennoch dieser Materie zu, weil sie Natur nicht ausschließen kann in der Anerkennung eigener Vorstellungen von Innensicht und Außensicht, vom Nebeneinander von Kultur und Natur. Indem sie die Sujets in ihrem Umfeld relativiert, vertraute natürliche Größenverhältnisse verändert, vollzieht sie einen logischen Schritt der Befreiung, überschreitet eine Grenze und bezieht Position gegenüber der natürlichen Außenwelt. Das genaue, unkonventionelle Hinsehen gibt ihren Künstlerphotos gegenüber dem schieren Abbild in Form- und Farbgebung eine neue, höhere Qualität, verleiht ihnen über eigenständige Aussagen, Wertungen, Bestimmungen einen persönlichen Stellenwert. Der persönliche Akzent erhöht das Naturphoto und ermöglicht der Naturinterpretation neue Sichtweisen. Behutsamkeit und Langsamkeit, vor allem bei der Arbeit an den Sequenzen, sind dabei unerlässlich.
Der Blick für den Augenblick, das subjektivierte Objektiv wird für die Künstlerin zum Glücksfall, zum befreienden Erlebnis.
… I really believe there are things which nobody would see unless I photographed them. Zitat: Diane Arbus „
Alexander Heil
in „Eröffnungsrede Kunstverein Speyer“; Werkschau Karin Kieltsch – Fotografie, 2007
„ … Kieltsch spielt mit der Erwartung an die Fotografie, ein Abbild der Wirklichkeit zu sein, Indem sie die gegenständlichen Referenzen nur noch als Andeutung aufruft, verwandelt sie die Fotos in autonome Bilder, die eigenen ästethischen Gesetzen von Struktur, Licht, Farbe und Komposition gehorchen. Oder anders formuliert: Die Künstlerin drückt nur dann auf den Auslöser, wenn sie in der Realität jene autonomen Bilder entdeckt, die sie bereits im Kopf hat, und ordnet damit die Wirklichkeit den ästhetischen Gesetzen unter.“
Energiefelder – Die Kunstförderung bei der EnBW, Katalog 2008
„ … Mit welcher Intensität sich Karin Kieltsch mit dem Medium Fotografie beschäftigt, lasst sich aus der Beachtung schließen, die ihre Arbeiten schon nach kurzer Seit finden. Bereits 1999 erhält sie erste öffentliche Aufträge. Auf Grund eines solchen Auftrags fotografiert sie Einrichtungen der Forschung und Technik in Karlsruhe. Mit der Erfahrung, die sie mit der Darstellung von Außenbereichen und Innenräumen gemacht hat, kann sie sich in verstärktem Maße der Darstellung von Details zuwenden. Dabei werden besonders die Aspekte des Verfremden interessant, die den Anfang der dann zu nehmenden Abstraktion markieren. Grundsätzlich hält sich die Fotografin an die Erkenntnissätze von Henri Cartier-Bresson: "Um die Welt zu bedeuten, muß man sich dem verbunden fühlen, was man mit dem Sucher ausschneidet. Eine solche Haltung verlangt geistige Disziplin, Feingefühl und Sinn für Geometrie. Erst durch große Sparsamkeit der Mittel gelangt man zur Einfachheit des Ausdrucks. "… „
Günther Wirth
in „Karin Kieltsch - Blick nach Innen und Außen“, Malerei und Fotografie 1984-2004, Galerieverein Leonberg, Katalog 2004
„ ... Was Bilder zu leisten vermögen, erfährt man daher unmittelbar beim Bildermachen. Mit der Kamera konzentriert Karin Kieltsch sich auf den Moment, in dem die „Idee“ des Bildes mit dem in den Sucher eingespiegelten Bild zusammenfällt. Diese „Einheit“ von Auge, Apparat und Welt ist das Ergebnis eines Balanceaktes, in dem drei Ebenen für einen Moment zur Deckung gebracht und zu einem Bild verdichtet werden. Während das Bild die iniziierte Einheit unter kalkulierbaren Bedingungen verkörpert und präsentiert, zerfällt sie für die Fotografin wieder. Das Auge kehrt in die Mannigfaltigkeit des Unartikulierten zurück. Die Fotografin schlüpft in die Rolle des Betrachterin. Das Bild bedeutet für sie so etwas wie die Konkretisierung eines Aspektes ihrer Innenwelt in Relation zur wahrgenommenen Außenwelt. Die von ihr entworfene Einheit nimmt dabei einen ambivalenten Charakter an. Sie ist als Bild einmalig in ihrer Organisation, als Medium verknüpft sie mindestens die drei Aspekte, die zu ihrer Entstehung beigetragen haben und die für die Fotografien als Betrachterin potentiell zur Verfügung bleiben....“
Manfred Schmalriede
in „Vor-Bilder-BILDER-Bilder“, Karin Kieltsch Atelierportrait, Karlsruhe, Katalog EnBW 2002
„ … In der Serie kommt die permanente Veränderung zur Geltung. Darüber hinaus verhandeln die Bildfolgen eminent Fotografisches. Das Medium ist selbstverständlicher Gegenstand der Erkundung. Das eigentliche Thema ist das Licht, >spiritus rector< der Fotografie, und das Licht als Auslöser des Veränderungsprozesses stimuliert von sich aus zwangsläufig die Reflektion auf das verwendete Medium. In die spezifische Gestalt der Darstellung fließt die Reflexion ein, sie verselbständigt sich nicht gegenüber den Motiven. … „
Klaus Honnef
in „Die Außenwelt der Innenwelt“, Der Wettbewerb um den Aenne-Biermann-Preis, Gera, Katalog 2001
Bilder machen
Künstlerische Arbeit ist Inhalt und Ausdruck von Lebensgestaltung.
Wahrnehmung der Welt ist immer subjektiv. Meine künstlerische Arbeit platziert sich zwischen dieser individuellen Wahrnehmung und ihrer Einordnung im objektiv Benennbaren, was wir als Realität bezeichnen.
Mein Blick auf alles Sichtbare ist ein vordergründig ästhetischer, resultierend aus einer inneren Bedürftigkeit, der flüchtigen und oftmals nicht erfassbaren Welt etwas entgegenzusetzen.
Sowohl die Kompositionen scheinbar unbedeutender Gegenstände, als auch der Blick auf vorhandene Erscheinungen bergen in sich die für mich gültigen Parameter Auswahl und Ordnung von Gesehenem, Konzentration und Stille in Darstellung und Wirkung. Die Bescheidenheit der Mittel ist wesentlich.
Die Fotografie erscheint mir momentan als gültiges Medium meiner persönlich gesuchten „Verankerung in der Welt“ gerecht zu werden und ist deshalb mehr als nur ein optischer Schein.
Karin Kieltsch, Oktober 2009